Als Endfünfziger „Bufdi“ beim DRK
Die Unterschiede könnten kaum größer sein: Sie – eine frisch gebackene 20 Jahre junge Schulabgängerin, überzeugte Kopftuchträgerin aus einem muslimisch geprägten Elternhaus in Halle, er – ein 59-jähriger verheirateter Familienvater aus Gütersloh ohne Bezug zu einer Glaubensgemeinschaft, der am Ende seines Berufslebens steht. Und doch verbindet diese beiden von Grund auf verschiedenen Menschen etwas. Denn beide sind zurzeit im Bundesfreiwilligendienst beim Kreisverband Gütersloh des Deutschen Roten Kreuzes. Schwerpunkt ihrer Arbeit hier: Organisation und Leitung von Rotkreuzkursen.
Dass Rabia Özdemir – sie verfolgt das Berufsziel „Hebamme“ - nach der Fachoberschulreife beim DRK landete, verdankt sie nicht nur einem Tipp ihrer Klassenlehrerin. Özdemir: „Als Kopftuchträgerin fiel es mir nicht leicht, einen für das Studium geforderten Praktikumsplatz zu finden. Für das DRK aber war das überhaupt kein Thema.“
Seit September vergangenen Jahres unterstützt Rabia Özdemir jetzt das Team des DRK Kreisverbands. Anfangs schnupperte sie in verschiedene Abteilungen wie die Seniorenberatung oder den Hausnotruf hinein. Ihre Hauptaufgabe besteht nach dem Erwerb entsprechender Qualifikationen mittlerweile darin, Führerscheinerwerber*innen oder Firmenmitarbeiter*innen in Erster Hilfe zu schulen.
Dabei hat Rabia Özdemir auch viel für sich persönlich gelernt. „Vor fremden Leuten zu sprechen oder unbekannten Menschen auf der Straße zu helfen, macht mir nichts mehr aus. Und auch ‚nein‘ zu sagen habe ich gelernt“, berichtet sie von positiven Erfahrungen. Zwei Erlebnisse haben sich kurz vor Ende ihres Bufdi-Jahres rückblickend besonders eingeprägt: Der „Auftritt“ vor 20 Dachdeckern („mein bester Kurs“), bei dem es am Ende viel Beifall gab, und der Fall eines männlichen Kursteilnehmers, der ihr offenbarte, seine Vorbehalte gegenüber Kopftuchträgerinnen abgelegt zu haben. Özdemir: „Das hat mich schwer beeindruckt.“
Auch Nico Hoinkis, dessen Freiwilligenjahr sich dem Ende zuneigt, zieht ein positives Fazit seines Engagements beim DRK. „Ich war 40 Jahre bei der Telekom, zuletzt als Teamleiter, musste immer betriebswirtschaftlich denken. Da war es für mich eine neue interessante Erfahrung, einmal im sozialen Sektor zu arbeiten, in dem auch andere Werte zählen“, sagt er. Außerdem habe er durch seine Kursleitertätigkeit interessante Einblicke in Firmen erhalten und viele nicht minder interessante Menschen kennen gelernt.
Hoinkis kann sich gut vorstellen, über sein Ausscheiden aus dem DRK-Dienst hinaus weiter Kurse in Erster Hilfe und Erster Hilfe am Kind zu geben. „Das Angebot dazu geht an beide Bufdis“, sagt DRK Vorstand Dennis Schwoch. „Wir sind aktuell zwar noch auf der Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin. Doch nach den vielen positiven Rückmeldungen von Kursteilnehmern würden wir uns freuen, wenn Nico Hoinkis und Rabia Özdemir weiter als Kursleitende für uns tätig werden könnten.“
Dass der Endfünfziger Hoiniks, verheirateter Vater von zwei erwachsenen Kindern, ein Berufsfreiwilligenjahr absolviert, hängt übrigens mit einer besonderen Regelung zusammen. Hoinkis: „Um vorzeitig in den Genuss meiner Pension zu kommen, musste ich 1.000 Sozialstunden ableisten. Beim DRK konnte ich dies auch in Teilzeit über einen Zeitraum von zwölf Monaten. Das hat mir gefallen.“
Dabei hatte sich Hoinkis ursprünglich bei der Gütersloher Tafel beworben. DRK-Arzt Dr. Thomas Titgemeyer, ein persönlicher Freund, konnte ihn jedoch für das Deutsche Rote Kreuz gewinnen. Ironie des Schicksals: Als das DRK coronabedingt sein Seminarprogramm vorübergehend einstellen musste und Hoinkis und Özdemir nicht mehr unterrichten konnten, halfen beide, Kunden der Tafel mit Lebensmitteln zu beliefern.
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