Eine Frau geht ihren Weg beim DRK
„Das DRK ist ihr Leben“: Was sich wie der Titel eines Film- oder Buchbestsellers liest, steht in diesem Falle für die einzigartige Karriere der Stukenbrockerin Janet Müssig beim Deutschen Roten Kreuz. Mit 15 marschiert die heute 37-Jährige an der Hand ihrer großen Schwester in Stukenbrock-Senne zu ihrem ersten Übungsabend. Mit 23, die Schwester hat dem DRK zwischenzeitlich den Rücken gekehrt, übernimmt sie die stellvertretende, drei Jahre später die Rotkreuzleitung des Ortsvereins. Auch nach den beiden folgenden Zusammenschlüssen mit Stukenbrock und Schloß Holte behält Janet Müssig ihr Spitzenamt. Jüngster Schritt auf der Erfolgsleiter der sozial engagierten jungen Frau: Die Wahl zur Kreisrotkreuzleiterin im Oktober vergangenen Jahres.
Das, was Janet Müssig mit dem DRK verbindet, ist damit freilich nur unzureichend beschrieben. Immerhin sieht es ganz danach aus, als hätte sie im und durch das Rote Kreuz auch ihren Partner fürs Leben gefunden. Es war vor wenigen Jahren auf Pollhans. Janet Müssig stand im Sanitätsdienst, als sie mit Sebastian Feig einen sympathischen Kollegen aus dem Kreisverband Paderborn kennen lernte. Die Sympathie füreinander bestand offensichtlich auf Gegenseitigkeit. Jedenfalls drängte Sebastian drei Monate nach Pollhans zu Weiberfastnacht in Stukenbrock darauf, im Nachbarkreis in den Einsatz gehen zu können, als ein Rettungstransportwagen aus Paderborn angefordert wurde. Inzwischen leben die beiden zusammen in einer gemeinsamen Wohnung in Stukenbrock. Und wenn Corona nicht gekommen wäre – ja, dann wären sie wohl längst vor dem Gesetz rechtmäßige Eheleute.
Für die Mitarbeit im Deutschen Roten Kreuz hat sich Janet Müssig von Beginn an begeistert. In den ersten Jahren waren es vor allem körperliche Einsätze und Übungen, die sie in ihren Bann gezogen haben. Müssig: „Wir sind mit Bundeswehr-Reservisten auf Geländeparcours gegangen, haben mit dem THW Bäche überquert und mit Katastrophenschutzkräften den Einsatz nach Flugzeugabstürzen simuliert. Das alles hat mir viel Spaß gemacht.“ Nachhaltig in Erinnerung geblieben sind ihr auch die Großeinsätze wie der Reiterhofbrand in Senne, der Betrieb einer Flüchtlingsunterkunft, der Corona-Ausbruch des vergangenen Jahres oder das jüngste Schneechaos im Kreis.
Der wohl prägendste Einsatz ihrer DRK-Zeit war das Hochwasser an der Elbe. „Bei diesen Großeinsätzen trifft sich die ganze DRK-Familie. Da schnippelst du dann Gemüse mit einer Notärztin. Phänomenal war auch die Dankbarkeit der Menschen. Die haben uns zum Beispiel im Einsatz mit Kuchen und Pizza versorgt“, schwärmt Müssig, die übrigens eine leidenschaftliche Motorradfahrerin ist, noch heute von jenen Tagen im Sommer 2013.
Mit den Jahren hat Janet Müssig nicht nur reichlich Erfahrungen in Übungen und Einsätzen gesammelt und sich in Lehrgängen wichtige praktische und theoretische Kenntnisse angeeignet. Sie hat auch ihre Lust und ihr Talent am Organisieren entdeckt. Dies wird ihr ohne Frage in der neuen Funktion als Kreisrotkreuzleiterin zugutekommen. Denn Müssig ist hier vor allem in enger Kooperation mit ihren männlichen Kollegen Michael Schumacher, Sebastian Brandt und Tim Schikora als Organisatorin und Koordinatorin in den Bereichen Ausbildung und Bevölkerungsschutz gefragt. Eine weibliche Rotkreuzleitung auf Kreisebene, die Helferinnen als erste Ansprechpartnerin dient, ist übrigens bei Weitem nicht selbstverständlich im DRK. „Wir im Kreis Gütersloh haben dieses Amt aber für uns geschaffen und immer versucht es zu besetzen. Dies ist auch Ausdruck der Gleichberechtigung von Mann und Frau in unserer Organisation“, erklärt Kreisrotkreuzleiter Michael Schumacher, das männliche Gegenstück zu Janet Müssig.
In die Struktur des DRK Kreisverbands ist das Amt fest eingebunden. So ist Janet Müssig geborenes Mitglied im Präsidium, dem höchsten Gremium auf Kreisebene. Dort verfügt die gelernte examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, die in der Kardiologie des Klinikums Bielefeld Mitte arbeitet, über Sitz und Stimme. Außerdem übt sie an der Seite von Kreisverbandsarzt Dr. Thomas Grau die Funktion einer Disziplinarvorgesetzten aus, was ihr im Falle von vereinsinternen Unstimmigkeiten bereits den einen oder anderen Einsatz als Mediatorin beschert hat.